Ist dir im Zusammenhang mit dem Plotten auch schon der Begriff „Nachzeichenschutz“ begegnet? Und du hast dich gefragt, was das wohl ist!??
Wenn ja, bist du hier genau richtig. Denn das Thema ist im Zusammenhang mit deinem Plotter sehr wichtig und kann dich vor Schadensersatzansprüchen bewahren!
Ausgangssituation:
Egal ob Freebie oder gekaufte Plottervorlage – du hast eine tolle Schneidedatei entdeckt, heruntergeladen, den Plotter direkt angeworfen und die Schneidedatei auf deine Weise umgesetzt. Nun möchtest du das Ergebnis natürlich unbedingt zeigen! Dabei gibt es aber einen wichtigen Aspekt zu beachten. Nämlich den Schutz des ursprünglichen Motivs, an dem sich der Dateiersteller i.d.R. alle Rechte vorbehalten hat.
Wie Schutz? Wovor?
– Vor einfachem „Diebstahl“ = Abkupfern, ohne das Motiv auf dem vorgesehenen Weg zu erwerben, also z.B. durch Download auf dem Blog des Erstellers / Kauf im Onlineshop.
Jetzt denkst du vielleicht: „Aber ich will doch nur ein Foto zeigen – wie kann das schon den Motiv-Diebstahl ermöglichen?“
– Durch eine in die gängigste (Hobby-)Plotter Software (Silhouette Studio) integrierte Funktion namens „Nachzeichnen“. Diese Funktion ermöglicht es (wie der Name schon erraten lässt), Motive voll automatisch von Bildmaterial nachzuzeichnen.
Um das Problem zu veranschaulichen habe ich hier ein Beispiel für dich:
Ich habe mein Herz-Mini-Doodle (Freebie) geschnitten und auf ein Notizbuch aufgebracht.
Anschließend habe ich mein Werk fotografiert um es euch zu zeigen:
Dieses Foto kann sich jeder aus dem Internet herunterladen und speichern.
Dann kann er es in Silhouette Studio öffnen und das „Nachzeichnen“-Werkzeug anwenden:
Mit wenigen Klicks erhält damit jeder aus dem frontal aufgenommenen Foto das direkt mit der Software schneidbare Motiv:
Sehr zum Ärger des Erstellers der Datei. Denn jeder kann sich einfach an dem Foto bedienen, anstatt die Datei auf dem von ihm vorgesehenen Weg zu erwerben (z.B. im Shop oder auf seinem Blog).
Egal, ob er die Datei kostenlos oder gegen Entgelt anbietet – durch das so veröffentlichte Foto verliert der Ersteller der Datei bares Geld. Denn auch mit Freebies wird auf die eine oder andere Weise Geld verdient. Bei Interesse gehe ich darauf gerne mal in einem separaten Beitrag ein. Und dieses könnte er sich ggf. in Form von Schadensersatz von dem wiederholen, der das Bild so achtlos veröffentlicht und das Motiv damit für andere zugänglich gemacht hat.
Die Lösung des Problems = „Nachzeichenschutz“:
Und nun? Darf man gar keine Bilder von geplotteten Projekten mehr zeigen?
– Doch! Man darf!
Aber muss darauf achten, dass das Foto so aufgenommen oder nachbearbeitet ist, dass es gegen den einfachen Einsatz der „Nachzeichenfunktion“ ausreichend geschützt ist (und ggf. die zusätzlichen vom Dateiersteller aufgestellten Voraussetzungen zum Zeigen erfüllt).
Motiv mit Neigungswinkel fotografieren:
Es ist von Vorteil, wenn man das Problem schon beim Fotografieren berücksichtigt und das Motiv nicht frontal (= gerade) sondern mit einem relativ starken Neigungswinkel (=seitlich) fotografiert. Dadurch kommt automatisch eine „perspektivische Verzerrung“ des Originalmotivs in der fotografischen Aufnahme zustande.
Zur Veranschaulichung hier einmal das bereits oben gezeigt Foto, bei dem ich das Motiv „gerade“ also frontal fotografiert habe:
Und ein Foto, bei dem ich das Motiv mit einem relativ starken Neigungswinkel seitlich fotografiert habe:
Diese seitliche Aufnahme führt, wenn man auf sie die Nachzeichenfunktion anwendet, entsprechend nur zu einer „verzerrten“ Variante des Originalmotivs.
–> Vergleiche hierzu die mit pink gekennzeichnete Form des Buchs im oberen und unteren Bild, daran kannst du sehen, wie sie sich je nach Aufnahmewinkel im Foto „verändert“.
Zwar lässt sich mit etwas Aufwand diese Verzerrung auch wieder aus dem Bild „herausarbeiten“. Das ist aber etwas, was die meisten Anwender nicht wissen / können, so dass das seitliche Fotografieren schon ein gewisses Maß an Schutz bietet (und vielen Dateierstellern ausreicht).
Schriftzug oder Logo über das fotografierte Motiv legen:
Eine weitere Möglichkeit ist es, über das Motiv im Foto einen Schriftzug oder ein Logo zu legen. Dadurch ist die Bildinformation des zu schützenden Motivs nicht voll in dem bearbeiteten Foto enthalten, das man dann veröffentlicht:
Auf diese Weise kann man das zu schützende Motiv und das Gesamtkunstwerk noch immer erkennen. Aber das Motiv kann nicht ohne weiteres mit der Nachzeichenfunktion geklaut werden:
Wichtig: Die Verwendung des eigenen Logos als „Motivschutz“ über dem Motiv eines anderen könnte zu urheberrechtlichen Schwierigkeiten führen, da es hierdurch zu einer „Verwechslung“ kommen könnte. Trotzdem wird genau dieses Vorgehen in der Regel akzeptiert / von vielen Dateierstellern gewünscht. Auf der sicheren Seite ist man aber nur dann, wenn man die Hinweise des jeweiligen Dateierstellers zu den einzuhaltenden Schutzmaßnahmen berücksichtigt.
Ein weiterer Vorteil, wenn es erlaubt ist, das eigene Logo oder einen eigenen Schriftzug zum Schutz über das Motiv zu legen: Dieses Vorgehen schützt gleichzeitig die eigene Arbeit und das eigene Foto vor der unerlaubten Verwendung durch Dritte. Denn so kann man ohne Probleme die Urheberschaft nachweisen. Außerdem macht das „Branding“ die Verwendung des Fotos für Dritte unattraktiv.
Wenn der Ersteller keine Vorgaben zum Motivschutz macht, ist es wohl die sicherste Variante den neutralen Schriftzug „Kopierschutz“ über das Motiv zu legen.
Bei der Positionierung des Logos / Schriftzugs sollte man darauf achten, dass nicht nur einen irrelevant kleiner Teil des Motivs abgedeckt wird. Der Schutz sollte vielmehr so über das Foto gelegt sein, dass das Hauptmotiv nicht störungsfrei nachgezeichnet werden kann.
Einen Schriftzug oder ein Logo über ein Foto legen kann man mit praktisch jeder Bildbearbeitungssoftware oder -app, egal ob auf dem PC / Mac oder Smartphone / Iphone.
Schau einfach mal, welche Software bereits auf deinem Gerät installiert ist!
Probieren geht über Studieren:
Wenn du nicht sicher bist, ob du das Motiv in deinem Foto hinreichend geschützt hast, mach einfach selbst den „Nachzeichen-Test“.
Öffne dafür das Foto zunächst in Silhouette Studio.
Tipp: Die Basisversion ist kostenlos und kann von jedem heruntergeladen werden – egal ob er einen Silhouette Plotter hat oder nicht.
Wähle die Nachzeichen-Funktion und spiele mit den zur Verfügung stehenden Reglern.
Probiere, ob du irgendwie ein „sauberes“, schneidbares Motiv erhältst. Ist das der Fall musst du beim Schutz nachbessern!
Nachzeichen- / Kopierschutz wirklich „sicher“?
Beinahe jeden optischen Nachzeichen- oder Kopierschutz kann man mit „Profitricks“ überwinden. Es geht beim Motivschutz in eigenen Projektfotos aber nicht darum, das Unmögliche möglich zu machen, sondern darum:
- sich zu allererst bewusst zu sein, dass es eine einfache Nachzeichenmöglichkeit gibt, die es wichtig macht DASS man das erworbene Originalmotiv im eigenen Foto schützt um es nicht versehentlich Dritten zugänglich (und sich dadurch ggf. schadensersatzpflichtig) zu machen
- sich weiterhin bewusst zu sein, dass verschiedene Ersteller selbst Vorgaben machen, welche Schutzvorkehrungen beim Zeigen der Fotos vom fertigen Projekt zu treffen sind (z.B. „darf nicht alleine fotografisch abgebildet werden…“)
- konsequent in allen Projektfotos, die man irgendwo öffentlich zeigt (z.B. in Facebookgruppen, auf der eigenen Webseite oder dem eigenen Blog, auf Pinterest, Instagram usw.) zumindest eine der oben beschriebenen Nachzeichen-/ Kopierschutzmaßnahmen zu treffen und so den Motivklau mit einfachen Mitteln zumindest deutlich zu erschweren
Danke, dass du dir diesen wichtigen Post bis zum Ende durchgelesen hast. Wenn du weitere Fragen zum Thema hast, melde dich gern jederzeit!
Ich nehme mich des Themas an und versuche eine Anleitung dazu auszuarbeiten und hier bereit zu stellen.
Viele Grüße
Miriam
Hallo Miriam,
ein schöner sinnvoller Beitrag. Vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast, alles genau zu erklären. Vielen ist das gar nicht klar, dass man unbedingt einen Kopierschutz benötigt.
Herzlichen Glückwunsch auch zu deiner Facebook-Gruppe. Sie ist ja ein voller Erfolg 🙂
Liebe Grüße
Christine
Ein toller Beitrag….Danke dafür
Gibt es eine Anleitung für sure cuts A lot4 ? Ich habe einen Brother Scan N Cut cm 900.
Nein die Software verwende ich selber leider nicht
Hallo Miriam,
Mein Name ist Yvonne und ich habe mein erstes eigenes Motiv erstellt. Bisher habe ich alles nir mit Bleistift gezeichnet und möchte es nun zu einer mehrfarbigen Plottdatei umwandeln. Da das alles ziemlich Neu für mich ist, bin ich auch noch sehr unsicher. Ich möchte diese Plottdatei anschließend verkaufen. Wie ich das Bild sichern kann weiß ich jetzt durch deinen Artikel, vielen Dank dafür!
Kannst du mir sagen, was ich noch beachten muss? Wo kann ich diese Dateien einstellen ohne ein Gerwerbe zu haben? Wenn die erste Datei gut ankommt, wird es mehrere Bilder geben und gehören zu einer Serie.
Vielen lieben Dank schon mal!
Beste Grüße
Yvonne Kahl
Entschuldige Yvonne ich lese deinen Kommentar nun scheinbar mit einem Jahr Verzögerung. Allerdings ist das Thema auch zu umfassend als dass ich es hier kurz un bündig beantworten könnte. Wenn du Hilfe in dieser Sache brauchst schreib mir einfach nochmal eine Mail…
Hallo,
toller Beitrag.
Ich habe trotzdem noch zwei Fragen für mein Verständnis. Wenn ich eine Plotterdatei kaufe und meine Arbeit mit dieser Vorlage anschließend öffentlich zeige (Instagram o. ä.), muss ich dieses dann unter irgendwelchen Einschränkungen, wie z. B. Nennung des Erstellers tun? Oder ist dies generell nicht in Ordnung?
Wenn ich ein Bild, welches ich z. B. im Internet finde selbstständig nachzeichne, dann ist der Nachzeichenschutz davon doch nicht berührt, oder?
Danke!
Liebe Grüße
Marie
Huhu Marie! Werke mit / nach meinen Dateien darfst du gern zeigen. Zusätzlich zum ausreichenden Motivschutz ist die Urhebernennung Pflicht (das ist im Urhebergesetz verbindlich so geregelt).
Beim Nachzeichnen vom Motiven aus dem Internet stehst du nochmal vor einem anderen Problem: Bilder die du im www findest genießen idR selbst urherberrechtlichen Schutz und dürfen entsprechend nicht einfach „geklaut“ werden… Mehr interessante Infos dazu findest in der Rechtsfibel von der plottertante (Miriam Jug)
Ein sehr toller Beitrag, einem Leihe wie mir war das so noch gar nicht bewusst. Schön das du dich mit dem Thema hier so intensiv beschäftigt hast. So kann man schon vorab darauf achten. DANKESCHÖN